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Immerweg - Baltikum - Ännchen von Tharau

Ännchen von Tharau


Version von J. G. Herder

Ännchen von Tharau ist's die mir gefällt.
Sie ist mein Leben, mein Gut und mein Geld.
Ännchen von Tharau hat wieder ihr Herz
auf mich gerichtet, in Lieb und in Schmerz.
Ännchen von Tharau, mein Reichtum, mein Gut,
Du meine Seele, mein Fleisch und mein Blut.

Käm' alles Wetter gleich auf uns zu schlah'n
wir sind gesinnt, beieinander zu stah'n.
Krankheit, Verfolgung, Betrübnis und Pein
soll unsrer Liebe Verknotigung sein.
Ännchen von Tharau, mein Reichtum, mein Gut,
Du meine Seele, mein Fleisch und mein Blut.

Recht als ein Palmbaum über sich steigt,
je mehr ihn Hagel und Regen angreift:
So werd' die Lieb in uns mächtig und groß,
Durch Kreuz, durch Leiden, durch allerlei Not.
Ännchen von Tharau, mein Reichtum, mein Gut,
Du meine Seele, mein Fleisch und mein Blut.

Würdest Du gleich einmal von mir getrennt,
lebtest da, wo man die Sonne kaum kennt:
Ich will Dir folgen, durch Wälder, durch Meer,
durch Eis, durch Eisen, durch feindliches Heer.
Ännchen von Tharau, mein' Sonne, mein Schein,
mein Leben schließ' ich in deines hinein.

 


Das Ännchen gab es wirklich. Und den Ort Tharau auch. Er liegt zwischen Königsberg und  Eylau und trägt heute den russischen Namen
Vladimorovo.

Man erzählt sich, dass Simon Dach der Pfarrerstochter Anna Neander auf einer Fähre begegnete. Er soll von ihrer Schönheit so betört gewesen sein, dass sie ihm nicht mehr aus dem Kopf ging. Als sie später den Pfarrer Johannes Portatius heiratete, schrieb Simon Dach ein Hochzeitsgedicht für sie. Sein Freund Heinrich Albert, Domorganist und Komponist zu Königsberg, vertonte das Gedicht. Allerdings anders als wir es heute kennen.

Ännchen von Tharau ist ein Gedicht und Volkslied mit 16 Strophen, das lange Zeit, ohne dass es dafür sichere Belege gäbe, Simon Dach zugesprochen wurde. Die Verfasserschaft ist jedoch alles andere als sicher.

Das Gedicht wurde ursprünglich in samländischem Plattdeutsch als Anke van Tharaw verfasst. Eine erste Vertonung stammt von Heinrich Albert, der auch als möglicher Verfasser des Textes in Frage kommt.

Samländisch

Anke van Tharaw öß, de my geföllt,
Se öß mihn Lewen, mihn Goet on mihn Gölt.
Anke van Tharaw heft wedder eer Hart
Op my geröchtet ön Löw' on ön Schmart.
Anke van Tharaw mihn Rihkdom, min Goet,
Du mihne Seele, mihn Fleesch on mihn Bloet,
 

1778 wurde das Gedicht von Johann Gottfried Herder ins Hochdeutsche übertragen und 1827 von Friedrich Silcher mit einer neuen Melodie unterlegt. In dieser Vertonung ist das Lied heute im Allgemeinen bekannt.


 

Heute ist der Simon-Dach-Brunnen von Tharau - vor dem Theater in Klaipeda - ein Wahrzeichen der Stadt. Die Figur als Krönung des Brunnens ist eine Nachbildung des nach dem Kriege verschwundenen Originals des Berliner Bildhauers Alfred Kühne.

 

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